Neu wird am Hospitality Institute auch Französisch unterrichtet. Warum und wie der Unterricht aussieht, erzählt unsere Französisch-Volontärin Eva Hirschi.
«Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.» Dieses Zitat von Ludwig Wittenstein ist auch bei PROJECT-E ein Leitmotiv. Neben Amharisch ist auch Englischunterricht obligatorisch – sowieso ein Muss in der Hotelbranche. Doch die Schülerinnen des Hospitality Institutes sollen auch eine zweite Fremdsprache lernen und so ihren Horizont kontinuierlich erweitern. Da sehr viele Gäste aus Westafrika, aber auch immer mehr Europäer nach Äthiopien reisen, versucht PROJECT-E der Nachfrage nach Französischkenntnissen entgegenzukommen. Ab dem 2. Schuljahr erhalten die Schülerinnen deshalb Unterricht in der Sprache Molières.
«Training of trainers»
Da der Französischunterricht des Lehrpersonals und Mitarbeiter von PROJECT-E schon einige Jahre zurückliegt (oder teilweise ganz fehlt) gebe ich einen dreiwöchigen Auffrischungs- beziehungsweise Einsteigerkurs. Ziel ist es, dass danach die Lehrpersonen und Mitgliedern den Schülerinnen Französisch beibringen.
Das Konzept nennt sich «TOT – Training of trainers». Statt dass ich den Schülerinnen einen kurzen Intensivkurs gebe, ist es viel nachhaltiger, wenn die Lehrpersonen vor Ort selbst Französisch über das ganze Jahr hinweg unterrichten können. Dies ist auch deswegen sinnvoll, da ich kein Amharisch spreche und so keine Vergleiche zu ihrer Muttersprache ziehen kann. Den Schülerinnen Französisch auf Englisch beizubringen – also eine Fremdsprache in einer anderen Fremdsprache – wäre eine doppelte Zumutung.
Vorteil als Nichtmuttersprachlerin
Ich selbst bin zwar keine Sprachlehrerin, bringe aber Erfahrung im Leiten von Workshops mit. Anderen etwas beibringen, bereitet mir großen Spaß. Aufgewachsen bin ich im deutschsprachigen Bern, mein gesamtes siebenjähriges Studium habe ich aber auf Französisch in Genf absolviert. In der Tat empfinde ich es hier nun als Vorteil, dass meine Muttersprache nicht Französisch ist – die Erinnerungen an meinen eigenen Französischunterricht in der Grundschule und im Gymnasium sind noch sehr präsent und ich weiß, welche Übungen und Tipps mir geholfen haben, um gewisse Regeln (und vor allem Ausnahmen!) zu verstehen. Dies versuche ich nun, an die Kursteilnehmer weiterzugeben.
Spürbare Motivation
Von Anfang an war das Unterrichten eine Freude, denn die Motivation der Kursteilnehmer war deutlich spürbar. Da wir eine kleine Klasse mit drei bis sieben Teilnehmern sind, kann ich den Unterricht zudem sehr interaktiv gestalten und dafür sorgen, dass alle mitmachen und dabei sind. Was mich positiv überrascht: Jeden Tag während der drei Stunden Unterricht schaut niemand auf sein Handy oder beschäftigt sich mit etwas Anderem – Alle sind 100% dabei.
Schön zu beobachten ist auch, dass alle versuchen, das Gelernte wann immer möglich anzuwenden: Ob am Morgen («Bonjour Eva, comment ça va?»), beim Mittagessen mit den anderen Staffmitgliedern («J’ai faim! Bon appétit!») oder wenn jemand niest («santé!»). Zufrieden und glücklich über diese Erfahrungen sage ich darum: «A bientôt, Addis Ababa!»