Feminismus und die Förderung von Frauen beschränken sich nicht darauf, dass Frauen Führungspositionen in der Wirtschaft oder Wissenschaft besetzen; inspirierende Frauen müssen nicht unbedingt Führungspersönlichkeiten sein, die beruflich erfolgreich sind und öffentlich Aufmerksamkeit erregen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es nicht dennoch eine besondere Errungenschaft ist, immer mehr Frauen in den Führungsetagen von Wirtschaftsinstitutionen aufzufinden. Die Frauen, die wir Euch heute in unserem dritten Beitrag aus der Reihe über „10 inspirierende äthiopische Frauen“ vorstellen möchten, zählen zu denen, die auf unterschiedlichen Wegen und in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft Erfolge erzielten und dabei stets nicht nur ihr eigenes Glück, sondern auch das der anderen im Sinn hatten.
Eleni Zaude Gabre-Madhin ist eine äthiopische Ökonomin und ehemalige Geschäftsführerin der äthiopischen Rohstoffbörse Ethiopia Commodity Exchange (ECX). Sie wurde in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba geboren und wuchs unter anderem in Kenia, Tansania und Südafrika auf. Ihre akademische Laufbahn begann sie nach ausgezeichnetem Schulabschluss an der Cornell University mit einem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften, auf den ein Master im gleichen Fach an der Michigan State University folgte. Anschließend promovierte Eleni an der Stanford University in Angewandter Ökonomik.
Mehrere Jahre lang konzentrierte sich ihr berufliches Interesse auf Agrarmärkte und die Verteilung von Lebensmitteln. Als Forscherin für das International Food Policy Research Institute (IFPRI) untersuchte sie, warum es in manchen Jahren oder Regionen zu Engpässen oder Dürren, in anderen wiederum zu Überschüssen oder Rekordernten kam. Im Jahr 2004 kehrte sie aus den USA nach Äthiopien zurück, um dort die Leitung eines IFPRI-Projektes zur Verbesserung der äthiopischen Agrarmärkte und -politik zu übernehmen. Ihre Aufgabe bestand in der Koordination eines Beratungsgremiums, das die ECX formierte — Eleni Gabre-Madhin war die treibende Kraft hinter der Entwicklung der Rohstoffbörse und wurde im Jahr 2008 deren Geschäftsführerin. Sie sah in der ECX eine Chance, den äthiopischen Agrarmarkt zu öffnen, die Produktivität der Bäuer:innen zu steigern und Äthiopien so weniger anfällig für Nahrungsmittelkrisen zu machen. 2013 gründete sie eleni LLC, ein Unternehmen, das weitere Rohstoffbörsen in afrikanischen Grenzmärkten etablieren will. Eleni Gabre-Madhin wurde für ihre Tätigkeit bereits mehrfach geehrt. So wurde sie 2010 von der äthiopischen Zeitung Jimma Times Eleni für ihre Forschung und die Entwicklung der ECX zur „Äthiopischen Person des Jahres“ gekührt, und 2012 gewann sie den Yara Laurate Prize für ihr Engagement im Bereich nachhaltiger Lebensmittelherstellung und -verteilung mit sozioökonomischen Auswirkungen sowie den African Banker Icon Award.
Auch Bethlehem Tilahun Alemu ist eine Gründerin und erfolgreiche Geschäftsfrau, die sich dafür einsetzt, den Diskurs über den afrikanischen Kontinent nicht mehr nur auf das Thema Armut zu reduzieren, sondern stattdessen den unternehmerischen Geist, das Sozialkapital und das ökonomische Potential Afrikas zur Sprache zu bringen. Bethlehem wurde 1980 in Zenebework geboren. Sie besuchte die Grund- und die weiterführende Schule, studierte Buchhaltung an der Unity University in Addis Abeba und schloss ihr Studium 2004 ab. Bereits 2005 gründete sie soleRebels auf Grundlage einer Idee, die im Rahmen eines Workshops entstanden war. Bethlehems Ziel war es, den Personen ihres Familien- und Bekanntenkreises in ihrem Schuhunternehmen ökologisch und ökonomisch nachhaltige Berufschancen zu bieten, indem sie das handwerkliche Talent und die natürlichen Ressourcen Äthiopiens nutzte. Über die Jahre hinweg wuchs soleRebels, die Geschäftsführerin etablierte die Zusammenarbeit mit internationalen Versandunternehmen und verkaufte die Schuhe weltweit in dreißig verschiedenen Ländern.
2014 startete Bethlehem einneues Projekt und gründete „The Republic of Leather“. Ähnlich wie soleRebels sollte das Unternehmen für Luxuslederwaren ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit verbinden und so zu einem Umdenken in der Lederwarenindustrie beitragen. Darüber hinaus folgt The Republic of Leather kundenorientierten Prinzipien, die Kund:innen eine Wahlmöglichkeit beiDesign und Produktion einräumen. 2017 rief Bethlehem Garden of Coffee ins Leben, eine Kaffeerösterei, in der äthiopische Bohnen von Hand selektiert und geröstet werden und die es ihrer Kundschaft auf diese Weise ermöglicht, Kaffee gemäß äthiopischen Traditionen zu leben und zu zelebrieren.
Die Aufmerksamkeit, die Bethlehem Alemu dank ihrer unternehmerischen Erfolge zuteil wird, nutzt sie dazu, mit dem Narrativ vom afrikanischen Kontinent, der auf dem Weg der Befreiung aus Armut und hin zu mehr Wohlstand auf externe Hilfe angewiesen ist, aufzuräumen. Stattdessen möchte sie mit ihren Unternehmen ein Beispiel dafür sein, dass Äthiopier:innen selbst die internationale Wahrnehmung ihres Landes gestalten können.