Da PROJECT-E in diesem Jahr 11 Jahre alt wird, wollen wir zu den Wurzeln des Ganzen zurückkehren und mehr darüber erfahren, wie die Idee zur Gründung von PROJECT-E entstanden ist und wie alles begann. Deshalb haben wir Wenzel Waldstein, den Gründer von PROJECT-E, interviewt.
Wenzel Waldstein ist 33 Jahre alt, lebt in Österreich und arbeitet als Orthopäde. Als er das Projekt 2007 gründete, war er erst 21 Jahre alt. Lasst uns sehen, wie er das alles möglich gemacht hat.
2005 arbeitete Wenzel in einem Waisenhaus in Äthiopien, was er als prägende Erfahrung bezeichnet. Er spürte, dass er einen positiven Einfluss hatte – aber nur so lange, wie er dort blieb. Er bemerkte schnell, dass die Chancen für die Kinder, die nicht adoptiert wurden, recht gering waren. Als sie 18 Jahre alt wurden, mussten sie ausziehen, um Platz für jüngere Kinder zu schaffen. Dies war besonders für die Waisenmädchen schwierig. Sie haben keine angemessene Ausbildung erhalten, da sie ohne jegliche Familienunterstützung und in Armut lebten. Auch in der von Männern dominierten äthiopischen Kultur waren die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Mädchen nicht die Gleichen. Die finanzielle Förderung erfolgte nur auf individueller Ebene – man musste Glück haben.
So bekam Wenzel Waldstein die Motivation, einen Raum zu schaffen, in dem diese jungen Frauen eine Ausbildung erhalten konnten, um ein selbstbestimmtes und finanziell unabhängiges Leben zu führen. Er bat seinen Bruder Moritz um Hilfe und gemeinsam führten sie eine Umfrage durch, um herauszufinden, was in der äthiopischen Wirtschaft benötigt wurde. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es in Äthiopien an qualifizierten Sekretär*innen mangelt. So entstand die Idee, eine Sekretärinnen Schule zu bauen, die sowohl jungen Frauen in Not als auch dem äthiopischen Markt hilft.
PROJECT-E begann seine Zusammenarbeit mit der lokalen NGO “New Life Community Organization”, um die nachhaltige Erhaltung des Projekts zu gewährleisten und einen Partner vor Ort zu haben. Sie erlebten einige Höhen und Tiefen, darunter Geldmangel und Personalprobleme. Aber nach einer Weile gelang es ihnen, ein Projekt aufzubauen, das jungen Frauen ohne Perspektive eine qualitativ hochwertige Ausbildung ermöglichte und ihnen so die Möglichkeit gab, der Armut zu entkommen. Im Jahr 2009 wurde die Sekretärinnen Schule eröffnet, und die ersten 15 Schülerinnen konnten ihre Ausbildung beginnen.
Nachdem sie zum Partner Selam Chridren’s Village gewechselt und das Projekt schließlich als äthiopische NGO registriert hatten, traten Wenzel und Moritz aus dem Projekt aus. Sie haben das Projekt bis 2013 aktiv aufgebaut und unterstützt. Wenzels Zeit im Waisenhaus hinzugenommen, hat er 8 Jahre in Äthiopien gearbeitet. Er sagt, als er das Land nach so langer Zeit zum ersten Mal verließ, war es seltsam, nach Österreich zurückzukehren. “Ich habe meine Seele in Äthiopien gelassen, ich habe mich in dieses Land verliebt”, sagte er uns im Interview. Vor allem sein Besuch des Oktoberfestes in München unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Addis Abeba war für ihn ein umgekehrter Kulturschock und er konnte es nicht lange ertragen, dort zu bleiben.
Er beschreibt Äthiopien weiter als ein kulturell reiches Land ohne viele westliche Einflüsse zu dieser Zeit und mit herzlichen Menschen. Auch wenn er nicht mehr aktiv am Projekt beteiligt ist, hat er dennoch eine starke emotionale Bindung, denn das Projekt ist für ihn immer noch sein “Baby”. Wenzel freut sich über den Erfolg von PROJECT-E und ist der Meinung, dass
sich das PROJECT-E Hospitality Institute neben der ersten Schule auch positiv auf die Teilnehmerinnen und das Wirtschaftssystem auswirkt, da es Frauen eine Ausbildung bietet, die im gesellschaftlichen Kontext Äthiopiens nützlich ist und aufgrund des boomenden Tourismussektors in Addis Abeba einen Arbeitsplatz garantiert.
Geschrieben von Anne Stellberger